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Foto: Getty Images: Caiaimage/Adam Gault
Payment | Trends & Technologie | 15. Oktober 2019

Libra-Reihe (1 von 4): Grundlagen und Ausgestaltung

Autor der Gesamt-Studie ist Sören Hettler, Devisenanalyst DZ BANK.

Seit einiger Zeit beschäftigen sich die Kollegen aus dem DZ BANK Research intensiv mit Kryptowährungen. In einer vierteiligen Serie stellen wir die Studie „Libra: Großangriff auf die Zentralbanken dieser Welt?“ von unserem Analysten Sören Hettler vor. Im ersten Teil geht Sören auf die Grundlagen und Ausgestaltung der Facebook-Währung ein.

Der Tech-Gigant Facebook hat mit seinen Plänen, eine neue Weltwährung etablieren zu wollen, für Aufsehen gesorgt. Die Bandbreite der Reaktionen reicht von überschäumender Begeisterung bis zur völligen Ablehnung. Letztere wurde vor allem von führenden Politkern laut, darunter die Finanzminister aus Deutschland und Frankreich, aber auch Vertreter aus den USA. Aufsichtsbehörden und Zentralbanken warnen zum Teil vor den Risiken, die mit Libra sowohl für die Finanzstabilität als auch für den Wirkungsmechanismus der Geldpolitik in den einzelnen Währungsräumen einhergehen könnten, und mahnen zumindest den Aufbau einer angemessenen Regulierung der an Libra beteiligten Akteure an.

Nun befindet sich das Libra-Projekt zwar noch in einem sehr vorläufigen Stadium. Die Reaktionen aus den Reihen von Politik und Zentralbanken zeigen jedoch, dass die Kryptowährung bereits jetzt von vielen als ernstzunehmende Konkurrenz für das etablierte Geld- und Finanzsystem wahrgenommen wird. Oder um es mit den Worten der Deutschen Bundesbank auszudrücken: „Aufgrund der großen Nutzer-basis der beteiligten Unternehmen, ihrer Finanzkraft und der erkennbaren Ernsthaftigkeit des Vorgehens ist ein Markterfolg zumindest denkbar“. Im Folgenden wird erörtert, wie Libras Chancen stehen und welche möglichen Konsequenzen für Industrie- und Schwellenländer sowie deren Zentralbanken hieraus erwachsen können.

Funktionsweise und Aufbau der Kryptowährung Libra

Die Idee hinter Libra ist gar nicht so kompliziert. Alle Menschen, vor allem diejenigen, die bislang keinen Zugang zum Finanzsystem haben, sollen mit der neuen digitalen Währung auf Blockchain-Basis ihre Bankgeschäfte unkompliziert erledigen können. Alles was hierfür für die Bürger laut den Initiatoren um Facebook notwendig ist, sind ein Smartphone und Internetzugang.

Die Initiatoren, das sind 21 global agierende Unternehmen und Organisationen. Bis zum Start von Libra sollen es 100 Teilnehmer sein. Sie bilden die Libra-Association, das Zentrum und damit die Ausgangsbasis für die Kryptowährung. Dieser obliegt sowohl die Festlegung des Regelwerks für die Kryptowährung als auch die Zuständigkeit für die Erschaffung und Vernichtung von Libra-Einheiten.

Eine festgelegte, wesentliche Grundregel hierbei lautet, dass neue Einheiten nur dann in Umlauf gebracht werden dürfen, wenn diese nachgefragt werden und durch ausgewählte, stabile, traditionelle Währungen gedeckt sind. Werden Libra-Einheiten zurückgegeben, müssen diese laut Statuten vernichtet werden. Die Kryptowährung ist folglich als „Stable Coin“ angelegt. Als Libra-Deckung sollen laut jüngsten Medienberichten die global bedeutenden und als weitgehend sicher geltenden Währungen Euro, US-Dollar, Japanischer Yen, Britisches Pfund und Singapur-Dollar herangezogen werden. Die eingenommenen finanziellen Mittel werden laut Weißbuch der Libra-Association vollständig in Form von Einlagen bei Finanzinstituten und kurzlaufenden Staatsanleihen gehalten.

Das Regelwerk sieht zudem vor, dass Bürger nicht direkt mit der Association interagieren. Geplant ist vielmehr, dass Privatpersonen und Unternehmen an Börsen herantreten und hier Libra im Tausch gegen ihre traditionellen Währungen erwer-ben oder auch verkaufen können. Die Börsen unterhalten einen Kontakt zu von der Libra-Association ausgewählten „autorisierten Wiederverkäufern“, die direkt an das Zentrum der Kryptowährung herantreten und Libra im Tausch gegen die zur Deckung von Libra ausgewählten, traditionellen Währungen erwerben oder zurückgeben können.

Der Prozess: vom gesetzlichen Zahlungsmittel zu Libra in die Reserve

Der Prozess: vom gesetzlichen Zahlungsmittel zu Libra in die Reserve

DZ BANK Research, libra.org

 

Eine weitere, für Libra-Inhaber bedeutende Regel lautet, dass Guthaben nicht verzinst werden. In Niedrig- bzw. Nullzinsphasen gerade in Europa oder Japan mag dies zwar vernachlässigbar erscheinen oder für einige Beobachter sogar als Vorteil angesehen werden. Dies könnte sich allerdings langfristig ändern, wenn irgendwann doch auch in diesen Währungsräumen wieder Zinsen auf Einlagen traditioneller Währungen bei Finanzinstituten gezahlt werden.

Das Konzept dahinter – aus Fehlern der Vorgänger lernen

Libra verfügt als Kryptowährung über Vorteile gegenüber traditionellen Währungen. Diese liegen vor allem darin, dass Zahlungen direkt, schnell, kostengünstig und sicher über Ländergrenzen hinweg durchgeführt werden können. Der zeit- und zum Teil kostenintensive „Umweg“ über Finanzinstitute oder Zentralbanken entfällt.

Die bekanntesten Kryptowährungen, allen voran Bitcoin, verfügen zwar grundsätz-lich ebenfalls über diese Eigenschaften. Allerdings leiden ihr Ansehen und ihre Einsatzmöglichkeiten unter den erheblichen Wertschwankungen, die sich in den vergangenen Jahren gezeigt haben. Um dieser Herausforderung zu begegnen, wurde Libra von den Initiatoren als Stable Coin konzipiert. Durch die Deckung und Anbindung an stabile, traditionelle Währungen soll deren Reputation übernommen und dadurch Kursstabilität erzeugt werden. Dass dies durchaus funktionieren kann, haben andere Stable Coins in der jüngeren Vergangenheit unter Beweis gestellt.

Wohl auch mit dem Ziel, Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen, hat das Konsortium um Facebook angekündigt, Libra erst dann an den Start bringen zu wollen, wenn die Regulierungsbehörden (weltweit) grünes Licht geben. Schließlich werden Kryptowährungen immer wieder mit Vorwürfen konfrontiert, wonach sie vorrangig zur Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und für kriminelle Machenschaften genutzt würden. Mit dem Ziel, eine Weltwährung für jedermann zu etablieren, sind derartige Anschuldigungen sicherlich nicht vereinbar.

Ein anderer Vorwurf, der gerade bei Bitcoin immer wieder geäußert wird, ist der hohe Energieaufwand, der mit der Verarbeitung der Transaktionen verbunden ist. Schätzungen zufolge liegt der Stromverbrauch des Bitcoin-Netzwerks derzeit in der Größenordnung von Ländern wie der Schweiz oder Griechenland. Dabei wird Bitcoin aktuell nur für einen verschwindend kleinen Bruchteil der weltweiten Transaktionen genutzt. Libra wählt daher einen anderen Ansatz bei der Transaktionsverarbeitung, der nach vorherrschender Meinung selbst bei globaler Verbreitung energieeffizient funktionieren sollte.

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