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Trends & Technologie | 14. Mai 2018

Endlich reden wir wieder – doch Alexa schweigt?! (Voice-Banking Teil 2)

„Amazon stoppt Kontozugriff per Alexa“, so eine Schlagzeile des Handelsblatts am 08.02.2018. Für viele Banken, die gerade mit Hochdruck den Schritt in die von künstlicher Intelligenz geprägte, schöne neue sprachgesteuerte Welt wagen und fleißig an einer Voice-Banking-Lösung arbeiten, kommt die Entscheidung von Amazon einer Ohrfeige gleich: Bei keiner anderen Entwicklung der letzten Zeit, waren die deutschen Banken so ambitioniert, wie beim Voice Banking. An der fehlenden Bereitschaft seitens der Banken, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, kann es also nicht liegen.

Laut Amazon bremst angeblich die PSD2-Richtlinie die Bemühungen der deutschen Banken aus. Sollte Amazon allumfängliche Banking-Skills in Deutschland anbieten, würde das Unternehmen als „Account Aggregation Service Provider“ gelten und bräuchte somit eine Banklizenz. Auch die strengen deutschen Datenschutzbestimmungen verhindern den Einsatz von Alexa als „Multi-Banking-Tool“. Bis jetzt können also nur allgemeine Fragen wie Börsenkurse, Öffnungszeiten oder Telefonnummern beantwortet werden. Bei sensiblen kundenindividuellen Fragen wie Kontostand oder Umsätzen schweigt Alexa (bislang noch).

Böse Zungen behaupten gar, dass es gar nicht an der komplizierten Rechtsprechung oder dem mehr als ambitionierten deutschen Datenschutzgesetz liegt. Vielmehr ginge es Amazon darum, mit dieser Restriktion, eigene Interessen zu verfolgen. Ob dies wirklich der Fall ist, sei dahingestellt, immerhin haben amerikanische Banken wie die CapitalOne bereits Alexa-Skills entwickelt, die sehr wohl –  verknüpft mit einem Konto – sprachgesteuerte Überweisungen und Umsatzabfragen leisten können.

Bis dies auch in Deutschland der Fall sein wird, wird vermutlich noch etwas Zeit verstreichen. Zeit, die die Banken nutzen können, ihre Skills zu optimieren. Bislang ist das Kundenerlebnis bei der Nutzung eines Finanz-Skills eher dürftig: Allzu oft lautet Alexas Antwort – auch auf simple Fragen: „Das weiß ich leider nicht“. Das Frustrationspotenzial auf Kundenseite ist aktuell somit noch relativ hoch.

Bei all den Widerständen stellt sich zwangsläufig die Frage, was Banken antreibt, frühzeitig ins Voice Banking einzusteigen?

Zum einen ist das Marktpotenzial enorm: In Deutschland haben bereits zehn Prozent digitale Assistenten wie Google Home oder Alexa im Wohnzimmer stehen. Ganze 37 Prozent nutzen Sprachassistenten wie Siri oder Cortana auf ihrem Smartphone oder PC und bereits die Hälfte aller Suchanfragen auf Google findet heute über Sprachsteuerung statt. Die Nutzungsintensität wird vermutlich in den nächsten Jahren stark zunehmen.

Amazon, Google, Apple und Co. bieten zudem ihren Kunden ein einmaliges Nutzererlebnis, das Maßstäbe setzt. Deren Kunden haben sich sehr schnell daran gewöhnt, mit einem Klick zu bestellen, sich mal eben schnell die Stauprognose auf der kommenden Route anzeigen zu lassen oder auf Zuruf jemanden anzurufen. Diese Erwartungen übertragen Kunden gerne auf andere Unternehmen und wer auf diesem Niveau nicht mithalten kann, fällt schnell durch. Auch wenn die kritischen Stimmen gegenüber Überweisungen per Sprachsteuerung heute noch recht laut sind, so wird dies in Zukunft vermutlich ein ganz natürlicher Service sein, den der Kunde von seiner Bank schlichtweg erwartet ohne groß Bedenken zu haben. Google, Apple und Amazon leben es schließlich vor. Nicht zu unterschätzen ist auch die Tatsache, dass jene Unternehmen selbst fleißig am Werk sind, eigene Banklizenzen zu erwerben oder schon längst haben.

Ein weiterer Vorteil: Das Wohnzimmer des Kunden wird durch Alexa zum zentralen Touchpoint. Hier bieten sich völlig neue Möglichkeiten der Interaktion, da der Kunde sich an einem Ort befindet, an dem er sich wohlfühlt („lockere Atmosphäre“). Banken haben somit die Chance, sich in die Lebenswelt der Kunden über Alexa und Co. zu integrieren. Ein großer Pluspunkt in Zeiten, in denen viele Kunden ohnehin den Gang zur Filiale meiden.

Sinnvoll ist auf jeden Fall auch die Entwicklung eines Multi-Banking-Skills, das heißt: Ein Skill, mit dem man auf alle Konten zugreifen kann. Wer hier die Nase vorn hat und es als erster schafft, eine „eins für alles“-Lösung anzubieten, hat auf jeden Fall einen Wettbewerbsvorteil.

Gründe für Banken, sich frühzeitig in den „Voice-Banking-Dschungel“ zu wagen und Richtungspfade zu definieren, gibt es also genügend. Auch wenn Amazon derzeit noch allumfängliche Banking-Skills in Deutschland sperrt und derzeit nur Beratungsanfragen zulässt, können Banken jetzt schon die Chance nutzen, sich in diesem Gebiet Know-How aufzubauen und frühzeitig zu lernen. Denn in der schönen neuen Welt hat das Sprichwort „die letzten werden die ersten sein“ leider keine Bedeutung mehr.

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Also daran erkennt man mal wieder die Old-Econmy: Einfach jeder aus dem Fintech-Sektor, der sich mit dem Bankgeschäft auskennt und die Entwicklung der PSD II verfolgt hat, weiß seit etwa Mitte 2016, dass Amazon niemals mittels Alexa Bankgeschäfte von Drittinstituten zulassen wird.

Dass dies für die Banken eine Überraschung im Jahr 2018 ist, ist wirklich beängstigend. Vielleicht nicht nur Lesen, sondern zu wichtigen Themen einfach selbst mal Meinungsbildner- und Innovationsführer sein, das wäre gut.

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