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Trends & Technologie | 13. Dezember 2017

Kryptowährungen: Währungswettbewerb oder Spekulationsobjekt (Teil 1): Ausgewählte Probleme und Risiken im Umgang mit “Kryptowährungen”

Kryptoassets sind derzeit in aller Munde. Aber sind sie schon reif für eine weitreichende Umsetzung? Wir haben uns ausgewählte Probleme und Risiken im Umgang mit “Kryptowährungen” angesehen und fragen welche Konsequenzen für unser Geldsystem zu erwarten sind.

Von Dirk Elsner und Gerrit Pecksen*

“Kryptowährungen”[1] oder Kryptoassets wie Bitcoin, Ethereum oder IOTA. erfreuen sich in letzter Zeit einer zunehmenden Aufmerksamkeit, mittlerweile auch bei etablierten Instituten der Finanzbranche. Dies liegt nicht zuletzt an der Kursrally, die die meisten “Digitalwährungen” in den letzten Monaten hingelegt haben. Der Wert von Bitcoins, beispielsweise, ist in den letzten zwölf Monaten um mehr als das zwanzigfache gestiegen. Die Marktkapitalisierung aller 1.340 Kryptoassets[2] erhöhte sich unter starken Schwankungen seit Jahresbeginn von etwa 20 Mrd. USD auf 344 Mrd. USD (Stand: 11. Dezember 2017). Gemessen am weltweiten Geldmengenaggregat M2 entspricht das einem Anteil von etwa 0,3%. Schätzungsweise gibt es bereits rund zehn Millionen Bitcoin-Nutzer[3]. Den Kryptoassets kann damit inzwischen eine gewisse Relevanz beigemessen werden. In dieser zweiteiligen Reihe[4] schauen wir auf ausgewählte Probleme und Risiken im Umgang mit den Kryptowährungen und fragen, welche Konsequenzen für unser Geldsystem zu erwarten sind.

Marktkapitalisierung Kryptoassets (Quelle: coinmarketcap.com)

Für viele Beobachter stellt sich mit diesem rasanten Aufstieg von “Kryptowährungen” nun die Frage, inwiefern es sich bei den stark steigenden Kursen um eine Spekulationsblase handelt, die irgendwann platzen könnte, oder ob die “Kryptowährungen” zukunftsfähige Alternativwährungen sind, die sich als eine Art Nischenwährung neben den staatlichen Währungen etablieren könnten. Nicht wenige sprechen bei der Preisentwicklung von Bitcoin von einer Blase[5]. Andererseits sehen viele in den anonymen Währungen mit ihren zahlreichen Vorteilen, wie schneller Transaktionszeit und relativ geringen Kosten, durchaus eine Daseinsberechtigung. Die kontroverse Diskussion über “Kryptowährungen” spiegelt sich auch in der Finanzbranche wider, die bislang keine einheitliche Bewertung zu Digitalwährungen gefunden hat. Während einige Großbanken, wie beispielsweise JP Morgan, Bitcoin ablehnen, erkennen andere ihre Bedeutung an, ohne sich freilich konkret zu positionieren[6]. Kunden, die heute mit “Kryptowährungen” bezahlen oder sie in der Hoffnung auf Wertsteigerung erwerben und halten wollen, finden zumindest in Deutschland bisher keine Bank, über die sie solche Geschäfte abwickeln können.

Ausgewählte Probleme und Risiken im Umgang mit “Kryptowährungen”

Bitcoin gilt als “Kryptowährung”, die keine vertrauenswürdige Partei für die Verwendung benötigt. Stattdessen basiert die “Währung” auf kryptografischen Protokollen, um die Transaktionen im System zu überprüfen und zu validieren. Bitcoin verwendet dazu ein Peer-to-Peer-Netzwerk, bei dem jeder Knoten im System eine Kopie der Datenbank aller Transaktionen verwaltet[7].

Der Erwerb von “Kryptowährungen” erfordert bislang ein gewisses Maß an Spezialwissen und Vertrauen in die Betreiber von Diensten, die Hilfssoftware und die Durchführung von Transaktionen. Vor allem muss man verstehen, dass die eigenen “Kryptowährungen” nicht bei einem Finanzdienstleister verwahrt werden, sondern immer in der dezentral gespeicherten Blockchain der jeweiligen “Kryptowährung”. In der gleichen Blockchain sind alle Transaktionen und Ansprüche aller Nutzer dieser “Kryptowährung” dokumentiert.

Der erstmalige Erwerb einer “Kryptowährung” setzt voraus, dass man sie von einem anderen Nutzer erhält. Dazu benötigt man eine virtuelle Geldbörse, auch Wallet genannt. Genau genommen lagern aber nicht, wie bei einer klassischen Geldbörse, die “Kryptowährungen” in der Wallet, sondern nur das Schlüsselpaar aus öffentlichem, also bekannten, und privatem, also geheimen, Schlüssel. Die Adresse, mit der Kryptotransaktionen empfangen werden können, wird dabei aus dem öffentlichen Schlüssel als Hashwert[8] abgeleitet[9]. Sie wird verwendet, um eine Zahlung zu erhalten, und hat damit eine ähnliche Funktion wie eine Kontonummer.

Mit dem geheimen Schlüssel werden Transaktionen signiert. Wer keinen Zugang mehr zu seinem geheimen Schlüssel hat, verliert den Zugriff von unter dieser Adresse verwalteten “Kryptowährungen”. Mit heutigen kryptografischen Verfahren ist eine Wiederherstellung praktisch nicht möglich. Fällt der geheime Schlüssel Unbekannten in die Hände, können diese damit über die “Kryptowährung” verfügen. Es ist also so, als habe man Kontonummer, Guthaben, Identität und Unterschrift gleichzeitig weitergegeben.

Ein wichtiger Bestandteil des Kryptowährungs-Ökosystems sind private Handelsplätze, an denen man Tauschpartner oder einen fast börsenmäßig organisierten Handel für “Kryptowährungen” findet. Dort lassen sich Währungen wie Euro oder US-Dollar gegen verschiedene “Kryptowährungen” tauschen. Einer der ersten dieser Art war der durch seine Insolvenz im Jahr 2014 bekannt gewordene Handelsplatz “Mt.Gox”. Mittlerweile gibt es mehr als 100 Bitcoin-Börsen weltweit, von denen jedoch viele nur ein geringes tägliches Handelsvolumen aufweisen. In Deutschland gibt es den Marktplatz bitcoin.de, über den bisher ausschließlich Bitcoins ge- und verkauft werden können.

Gerade für unerfahrene Nutzer ist die Auswahl, Registrierung und Nutzung solcher Handelsplätze nicht trivial und mit zahlreichen Risiken verbunden. Schon die Registrierung ist aufgrund verschiedenster Sicherheitsmerkmale aufwendig.[10] Wer erstmals eine anerkannte Währung wie Euro oder US-Dollar in eine “Kryptowährung” über einen Marktplatz tauschen möchte, muss dazu entsprechend seine Heimatwährung etwa über Banküberweisung oder Kreditkarte an den Handelsplatz übertragen. Insbesondere bei internationalen Handelsplätzen ist kaum überprüfbar, ob und in welchem Umfang solche Handelsplätze reguliert sind und überwacht werden. Das ist relevant, weil der Nutzer bis zur Erfüllung des Handelsgeschäfts ein Kreditrisiko gegenüber dem Partner trägt. Das erwähnte Beispiel Mt.Gox[11] zeigt, dass Nutzer sowohl ihre Heimatwährung als auch die “Kryptowährungen” verlieren können. Bei Mt.Gox wurden die Bitcoins zentral in einer Wallet des Unternehmens verwaltet und von dort an unberechtigte Nutzer übertragen.

In jüngster Zeit hat die Verwendung von Bitcoins die Frage nach ihrer Fungibilität[12] aufgeworfen. Im Gegensatz zu Bargeld und Buchgeld auf Konten sind bei “Kryptowährungen” alle vergangenen Transaktionen einer Geldeinheit in der Blockchain für die Öffentlichkeit dokumentiert[13]. Bitcoins, die in der Vergangenheit über Adressen übertragen wurden, die kriminellen Handlungen zugeordnet werden, gelten als belastet (tainted, verdorben). Einige Marktplätze verweigern die Annahme bzw. den Tausch dieser “tainted Coins”.[14] Manche Nutzer befürchten , dass Personen, Unternehmen oder Handelsplätze verpflichtet werden, solche Coins nicht mehr anzunehmen. Somit wird die Fungibilität einiger Währungseinheiten eingeschränkt.

Das Beispiel der “tainted Coins” unterstreicht die Transparenz des Handels in “Kryptowährungen”. Zwar erfolgen die Transaktionen grundsätzlich anonym über eine kryptische Adresse. Wer aber in der Lage ist, eine Adresse einer Person zuzuordnen (z. B. möglich, wenn eine Kryptobörse oder ein Händler die Identität des Kunden kennt), kann die Verwendung von Bitcoins über diese Adresse stets nachvollziehen. Daher verwenden viele Nutzer verschiedene oder sogar für jede Transaktion eine neue Adresse, wobei freilich der Transfer von Adresse 1 eines Nutzers A auf seine Adresse 2 nachvollziehbar bleibt. Jemand der Kenntnis der Identität von A bei Adresse 1 hatte, weiß aber nicht zwingend, dass Adresse 2 auch A zugeordnet ist.

Schließlich müssen sich “Kryptowährungen” auch daran messen lassen, wo man mit ihr bezahlen kann bzw. wie hoch ihre Akzeptanz ist. Nach Angaben der Seite spendbitcoins.com sind es mehr als 100.000 Händler weltweit, die Bitcoins akzeptieren. Bekannte internationale Geschäfte sind z.B. Subway, Microsoft, Expedia, Dell, Overstock oder Tesla. Uns sind allerdings keine Zahlen bekannt, wie hoch der in “Kryptowährung” stattfindende Umsatz  ist.

Wenn Händler ihren Kunden ermöglichen wollen, ihre Verbindlichkeiten per “Kryptowährung” zu bezahlen, setzt dies neben dem Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur auch ein entsprechendes Risikomanagement voraus. Wegen der hohen Preisschwankungen von “Kryptowährungen” müssen Händler entweder selbst oder über ihre Zahlungsdienstleister für entsprechende Absicherung gegen die Preisschwankungen sorgen[15]. Diese Absicherung ist nicht kostenlos und umso teurer, je stärker die Preise schwanken. Wer hohe Umsätze in “Kryptowährungen” macht, für den ist außerdem das Qualitätsmerkmal Liquidität der Marktplätze wichtig. Die Handelsplätze unterscheiden sich nicht nur in den Funktionalitäten, sondern auch in der Markttiefe, die angibt, wie viele Kryptowährungseinheiten zu einem bestimmten Preis überhaupt erworben oder verkauft werden können.

Die Praxis der Verwendung privater “Kryptowährungen” zeigt viele weitere Abweichungen  zur Verwendung herkömmlicher Zahlungsmittel. Unter diesem Aspekt dürfte es interessant sein, wie Zentralbanken mit dem Konzept umgehen. Darum wird es im zweiten Teil dieser Reihe gehen.

[1] Siehe zur Einführung und der Frage ob Kryptowährungen Währungen sind, David Yermack, Is bitcoin a real currency? An economic appraisal, NBER Working Paper 19747, Dezember 2013.

[2] Übersicht der aktuell gehandelten Kryptowährungen mit Marktwerten und Zugang zu weiteren Informationen über die private Webseite coinmarketcap.com . 16

[3] Heute existieren etwa 20,6 Millionen Bitcoin-Adressen und etwa 20 Millionen Wallets mit positivem Saldo (Quelle: bitcoinprivacy.net/stats/1000.0). Theoretisch kann ein Benutzer beliebig viele Adressen haben und andersherum eine Adresse mehreren Benutzern zugeordnet sein. Ersteres ist jedoch wahrscheinlicher. Ungefähr kann man davon ausgehen, dass die Zahl der aktiven Bitcoin-Nutzer derzeit rund zehn Millionen beträgt.

[4] Diese Reihe ist eine aktualisierte Fassung eines Beitrags, den wir für den ifo Schnelldienst, Ausgabe 22/2017 v. 23.11.2017 verfasst haben.

[5] Vgl. Thomas Klemm, Die Bitcoin-Blase, FAZ Online am 11.09.2017.

[6] Vgl. ohne Verfasser, Goldman-Sachs-Chef zeigt sich offen für Bitcoin, Handelsblatt Online am 4.10.2017.

[7] Vgl. Dimaz Ankaa Wijaya, Anonymity in Bitcoin, Thesis at Monash University, 2016, S. IV.

[8] Ein Hash ist eine mathematische Funktion, die im Bereich der Kryptographie sehr

häufig eingesetzt wird. Er ermöglicht es, beliebige Daten in eine alphanumerische

Kette mit einer festen Länge zu verwandeln.

[9] Vgl. Fabian A. Scherschel, Harald Bögeholz, So funktioniert die Kryptowährung Bitcoin, in C´t Magazin Online v. 14.6.2017, abrufbar unter https://www.heise.de/ct/artikel/So-funktioniert-die-Kryptowaehrung-Bitcoin-3742304.html.

[10] Siehe zum Beispiel Erfahrungsbericht Coinbase, auf Bitcoinmag.de vom 7.10.2017, abrufbar unter https://www.bitcoinmag.de/bitcoin-handel/web-wallet-coinbase-erfahrungen/a-51

[11] Vgl. Ladislav Kristoufek, What are the main drivers of the Bitcoin Evidence from wavelet coherence, FinMaP Working Paper No. 23 v. 10.07.2014.

[12] Als Fungibilität wird eine Eigenschaft von Gütern, Devisen und Wertpapieren bezeichnet, wenn diese nach Gattung, Gewicht oder Zahl austauschbar sind.

[13] Grafisch kann man das beispielsweise für eine Transaktion nachverfolgen auf der Seite https://blockchain.info/de/tree/283005933. Blockchain.info dokumentiert alle Transaktionen in Bitcoins.

[14]  Vgl. Christoph Bergmann, Scalability und Privacy: Zwei Seiten desselben Bitcoins, BitcoinBlog.de am 10.10.2016.

[15] Mit der Herausforderung der Verwendung von Kryptowährungen trotz hoher Volatilität beschäftigen sich Startups, wie BitPay. Mit BitPay haben Bitcoin akzeptierende Händler die Möglichkeit, Bitcoins sofort in Euro, Dollars oder eine sonstige Währung ihrer Wahl umzutauschen.

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* Dirk Elsner ist Senior Manager der Abteilung Innovation und Digitalisierung in der DZ BANK. Gerrit Pecksen ist Research Assistent in der DZ BANK.

 

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