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Foto: Corinna Sander

Drohnen aus Sicht einer Versicherung

Von Michaela Hörl, Underwriter in der Rückversicherung bei der R+V Versicherung

Die Drohne ist wohl eine der faszinierendsten Innovationen der letzten Jahre. Im Fachjargon wird sie auch unbemanntes Luftfahrzeug oder UAV (unmanned aerial vehicle) genannt. Der Einfluss von Drohnen beschränkt sich nicht nur auf den Technologie – und Luftfahrtsektor, sondern beschäftigt auch Politik und die Versicherungswirtschaft.

Lange Zeit wurden Drohnen nur im militärischen Bereich genutzt. Der Erfolg im privaten Sektor gelang dem chinesischen Hersteller DJI, der 2013 die erste Drohne für private Nutzung auf den Markt gebracht hat. Diese ist sofort flugfähig und setzt somit keine „Bastler-Gene“ voraus. Das löste einen regelrechten Drohnen-Boom aus. Eine genaue Zahl der weltweit verkauften Drohnen ist schwer zu ermitteln, allerdings wurden 2016 alleine in den USA 2,5 Million Drohnen verkauft.

Länderübergreifende Produktentwicklung am Beispiel der Drohnen-Haftpflicht aus Sicht der Rückversicherung

Als Underwriter in der Rückversicherung muss ich mich aktiv mit Trends in der Erstversicherungswirtschaft befassen und verstehen, wie neue Produkte entstehen. Da man Kontakt zu Kunden (Versicherungsunternehmen) aus vielen verschiedenen Ländern hat, erhält man einen guten Marktüberblick  zu neuen Produkten. Abhängig von der Strategie und externen Faktoren wie Kundenwünsche und rechtliche Rahmenbedingungen geht jedes Unternehmen bei der Produktentwicklung anders vor. Trotzdem habe ich bei der Drohnen-Haftpflichtversicherung länderübergreifende Gemeinsamkeiten beobachten können, die im Folgenden kurz aufgezeigt werden sollen.

Warum beschäftigt sich Versicherungswirtschaft mit Drohnen?

 In Deutschland ist in der Luftverkehrsordnung (§§ 19 und 20 LuftVO) eine Haftpflichtversicherung, unabhängig von der Art der Nutzung (gewerblich/privat) vorgeschrieben. Eine Versicherungspflicht gibt es momentan in den meisten Ländern nur bei gewerblicher Nutzung. Doch auch ohne Pflichtversicherung haben viele Privatpersonen ein Bedürfnis ihren Drohnenflug abzusichern. Aufgrund der Nachfrage werden weltweit Drohnen-Haftpflichtversicherungen angeboten. Deren Entwicklung stellte die Branche vor einige Herausforderungen. Zum einen weil keinerlei Schadenerfahrungen vorliegen und weil die Drohne grundsätzlich der Spezialsparte Luftfahrtversicherung zuzuordnen ist, deren Prinzipien nun mit einer privaten Haftpflichtversicherung zu kombinieren waren.

Wie wird bei einer Produktentwicklung vorgegangen?

Die Herangehensweise bei der Produktentwicklung in der Versicherung entspricht der Produktentwicklung in anderen Geschäftsfeldern, mit kleinen Abweichungen und Besonderheiten. Um hier die verschiedene Schritte aufzuzeigen verwende ich das New Product Development (NPD) – Framework, das den Prozess meiner Meinung nach sehr gut aufgliedert.

  1. Ideensammlung

Die Versicherungswirtschaft ist konstant auf der Suche nach neuen Versicherungsfeldern und neuen Vertriebswegen für ihre Produkte. Durch die neue Technologie sowie die damit verbundenen rechtlichen Rahmenbedingungen lag die Entwicklung einer Drohnen-Haftpflichtversicherung bereits auf der Hand. Hier muss sich das Einzelunternehmen entscheiden, ob es sich an diesem Markt beteiligen möchte, oder ob er es als zu riskant einschätzt.

  1. Screening

 Im Screening wird entschieden welche Produktversionen am sinnvollsten sind. Daraus entstehen zum Beispiel verschiedene Produkttypen:

  • Einzel-Haftpflichtpolice, die speziell nur unbemannte Flugkörper deckt
  • Einschluss der privat genutzten Drohne in die Privathaftpflicht
  • Deckung über die Mitgliedschaft in Modellflugvereinen
  1. Analyse bezüglich der Wirtschaftlichkeit

Die Versicherungskalkulation ist nicht einfach, denn man versichert Menschen gegen ein Ereignis, das in der Zukunft liegt und dessen Eintreffen ungewiss ist. Zur Kalkulation werden Schadenszenarien mit verschiedenen Annahmen bezüglich Schadenhöhe, Schadenhäufigkeit und Anzahl der Risiken analysiert. Anhand sogenannter aktuarieller Modelle bestimmt man die Eintrittswahrscheinlichkeiten verschiedener Ereignisse, sowie die durchschnittliche Schadenhöhe. Daraus kalkuliert man eine vom Kunden zu zahlende Prämie (oder verschiedene Tarife, zum Beispiel je nach Flugmodell), die auch einen Gewinn abwerfen soll. Vereinfacht gesagt ist der Gewinn oder auch Verlust eines Versicherungsunternehmens = Prämie minus Schäden minus Fixkosten des Unternehmens.

  1. Ausarbeitung des Produktes

In der Versicherungswelt ist wichtig, welchen Deckungsumfang man dem Kunden bieten möchte..

Der Deckungsumfang spiegelt sich in dem Vertrag wider. Hier ist festgelegt, in welchen Fällen die Versicherung Schäden bezahlt und in welchen nicht. Zwar soll ein umfangreicher Versicherungsschutz geboten werden, jedoch müssen bestimmte Schadenszenarien ausgeschlossen werden. Hierzu gehören beispielsweise Fliegen unter Alkohol-und Drogeneinfluss, Drohnenrennen und die Verletzung der Privatsphäre Dritter durch Filmaufnahmen.

  1. Testphase

Das Produkt wird einer kleinen, ausgewählten Zielgruppe vorgestellt, die dieses testet. Diese Phase ist nötig um die technischen und organisatorischen Abläufe im Unternehmen zu verbessern. Schadenserfahrung kann in diesem kurzen Zeitraum kaum gesammelt werden. Diese erhält der Versicherer erst über Jahre der Nutzung der Versicherung. Dann zeichnet sich ab, ob die Tarifierung der Police korrekt war oder ob es eine Prämienanpassung aufgrund der gemeldeten Schäden geben muss.

  1. Kommerzialisierung

In der letzten Phase ist das Produkt nutzbar und geht in den freien Verkauf. Hierbei ist es wichtig möglichst viele Kunden zu erreichen, da ein größerer Absatz auch eine bessere Risikostreuung bedeutet.

Ob die Drohnen-Haftpflichtversicherung eine rentable Einnahmequelle für Versicherungen werden kann, bleibt abzuwarten. Bis zum jetzigen Zeitpunkt gibt es trotz vieler kleiner Zwischenfälle von Drohnen in der Nähe von Flughäfen, keine Großschäden. Drohnenhersteller werden außerdem verstärkt für die Sicherheit ihres Produktes sorgen müssen, um zu verhinderen, dass Drohnen in Zonen fliegen, in die sie nicht fliegen dürfen. Dies alles gilt es im Blick zu behalten um gegebenenfalls die Prämien und den Deckungsrahmen der Drohnenversicherung zu adaptieren, denn kein Produkt ist perfekt, wenn es das erste Mal auf den Markt kommt.

 

Links zum Weiterlesen:

„Bedrohung aus Fernost“, Interview DJI Gründer
„FAA criticized for oversight as millions of new drones likely unregistered“
„Weitere Information zur Entwicklung der Versicherungsprodukte“

4 Kommentare

Liebe Frau Hörl, vielen Dank für diesen Einblick in das Thema Drohnen-Versicherung aus Versichererseite bzw. Rückversichererseite. Als Versicherungsmakler habe ich eine Vergleichsseite zum Thema Drohnen-Versicherungen gebaut und kann bestätigen, dass ich bisweilen darum kämpfen musste, zu denen gehören zu dürfen, welche die teils noch jungen Tarife ihren Kunden anbieten dürfen. Immer wieder kommt es zu Anpassungen und Bedingungsänderungen – wir werden hier von den Versicherern gut aus Trab gehalten (im Positiven). Wir freuen uns, auch ihr Produkt auf unseren Seiten anbieten zu können – sehen Sie bei Interesse gerne bei uns vorbei: http://www.drohnen-versicherung-direkt.de Schöne Grüße, Michael Beckersjürgen

In der Luftverkehrsordnung gilt die „Gefährdungshaftung“ – in der privaten Haftpflichtversicherung wird nur die „Verschuldenshaftung“ abgedeckt. Was kann der Autor dazu schreiben?

Sehr geehrter Herr Hissler,
Sie erwähnen richtigerweise, dass über die Luftfahrtverkehrsordnung eine Gefährdungshaftung gilt. Allerdings ist die Deckung in der privaten Haftpflichtversicherung nicht auf die Verschuldenshaftung beschränkt. In der Privathaftpflichtversicherung ist üblicherweise die „gesetzliche Haftpflicht privatrechtlichen Inhaltes“ des Versicherungsnehmers aus den Gefahren des täglichen Lebens als Privatperson versichert, eine Unterscheidung zwischen Gefährdungs- bzw. Verschuldenshaftung findet nicht statt. Soweit keine Ausschlüsse für bestimmte Risiken vorhanden sind, also z.B. für KFZ oder wie im Fall von Drohnen für Luftfahrzeuge, so besteht unabhängig davon, ob es sich um Gefährdungs- oder Verschuldenshaftung handelt Versicherungsschutz.
Ein weiteres Beispiel ist die Haftung für „Luxustiere“ (§833 BGB). Hierbei handelt es sich um eine Gefährdungshaftung, denn der Tierhalter eines „Luxustieres“ haftet alleine weil er durch die Tierhaltung eine „Gefahr“ für die Allgemeinheit geschaffen hat. Unabhängig von einem Verschulden. Diese Haftung ist auch grundsätzlich in der Privathaftpflichtversicherung mitversichert. Für Pferde und Hunde gibt es in Privathaftpflichtversicherungen allerdings Ausschlüsse, für diese besteht wegen des Ausschlusses also keine Deckung. Katzen sind hingegen üblicherweise nicht ausgeschlossen und für die Gefährdungshaftung, die sich aus dem Halten einer Katze ergibt, besteht somit Versicherungsschutz.

Ich hoffe ich konnte Ihre Frage beantworten,
mit freundlichen Grüßen,
Michaela Hörl

Inzwischen bieten einige wenige Privathaftpflicht-Versicherer auch verschuldensunabhängigen Schutz bei Schäden durch Besitz und Gebrauch von privaten Flugmodellen; man muss darauf achten, dass die gesetzliche Haftpflicht als Halter der Flugmodelle gewährleistet ist. Ein Tipp: am besten lässt man sich vom Versicherer einen Versicherungsnachweis gemäß § 106 LuftVZO i.V.m. § 102 LuftVZO zukommen. Auf http://www.drohnen-versicherung-direkt.de leisten dies alle genannten Versicherer.

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